Meine schwierigste Entscheidung von den 20’000, die wir täglich treffen
Ein Blitzgedanke und von heute auf morgen war die Idee geboren, dass ich mit knapp 30 Jahren, doch nochmals umsatteln will. Nicht aufs Pferd, aber so ähnlich - ich will Landwirtin werden!
Ausschlaggebend war damals die Corona-Pandemie - denn im Handumdrehen hatte ich keine Arbeit mehr. Damals war ich noch in der Eventgastronomie tätig. Es gab mir Raum und Zeit über mein Leben und meine Werte nachzudenken. Was will ich in der Welt bewirken? Wo will ich beruflich hin? Mein Traumberuf in der Musikbranche habe ich hinter mir gelassen, weil ich den höheren Sinn in meiner Tätigkeit für mich nicht mehr gesehen habe. Seither jobbte ich planlos in unterschiedlichsten Branchen und in unterschiedlichen Ländern. Immer auf der Suche, wo ich hingehöre und was ich auf der Welt bewegen möchte.
Auf einmal war klar - ich will den Hof von meinem Vater übernehmen. Es war wie ein Kurzschluss. Aber irgendetwas in mir war sehr überzeugt von dieser doch etwas verrückten Idee. Noch etwas grösser waren jedoch meine Zweifel: Schaffe ich das? Ich bin doch eine Frau. Das ist ein Männerberuf, der viel Muskelkraft beansprucht! Was wenn das wieder so einen Furz von mir ist? Etwas, das ich heute will, und morgen schon wieder etwas anderes im Kopf habe? Bin ich bereit für so ein riesiges Commitment? Bin ich bereit, viel Freizeit gegen viel körperliche Arbeit einzutauschen? Nur ein paar wenige Tage pro Jahr in die Ferien zu verreisen? Mein Lebensmittelpunkt an einem Ort zu haben? «Zurück nach Hause» zu gehen, obwohl ich immer weit weg von zuhause wollte? Ich habe vor nichts mehr Angst, wie vor dem Definitiven - und das ist ja sowas von einem definitiven Schritt! Will ich den ganzen Tag draussen arbeiten? Kann ich es? Ich habe keine Ahnung von Maschinen – woher auch? Das Gedanken-Karussell drehte sich in Endlosschlaufen…
Und doch war und bin ich heute immer noch davon überzeugt: Ich kann mir nichts Sinnvolleres vorstellen, als ein kleines Stück Land auf dieser riesengrossen Welt zu besitzen. Ich will es so bewirtschaften, als dass es so wenig wie möglich zu Schaden kommt. Vielmehr, das kleine Stück Erde bestmöglich in Einklang mit der Natur für die menschliche Ernährung zu sichern. Oder dieses Land so zu gestalten und diese Veränderung zu sein, die man auf der Welt gerne sehen würde. Denn ich bin überzeugt, dass auch im ganz kleinen Rahmen, die ganz grossen Veränderungen überhaupt erst möglich werden.
Auch wenn dies ein bisschen sehr «weltverbesserischer» daherkommt – ich glaube es gibt keine vielseitigere und sinnvollere Arbeit, wie die eines volkstümlich «einfachen Bauers». Denn er hat’s in der Hand. Der Landwirt versorgt uns mit Lebensmittel. Und Lebensmittel konsumieren wir alle. Jeder von uns und dies jeden Tag.
Ich will wissen, woher meine Lebensmittel kommen und wie sie produziert werden. Als Landwirtin habe ich das Verständnis und Wissen, wie wir unsere Böden und Pflanzen bestmöglichst behandeln. Wir haben die Kontrolle darüber. Nicht ausschliesslich, aber wir können viel mitlenken. Und das ist das Wunderbare. Wir Landwirte gestalten die Landschaft und produzieren gesunde Lebensmittel für dich und mich. Jede Frucht, jedes Gemüse, jedes Stück Fleisch hat seine ganz eigene Geschichte. Und wenn du dich dafür interessierst, erzähle ich dir auch gerne diese Geschichte vom Produkt, das wir hier auf dem Hof produzieren. Aber das ein anderes Mal. Oder gerne im persönlichen Austausch.
Eins noch abschliessend: Es war wohl die schwierigste Entscheidung meines bisherigen Lebens. Aber die Beste. Damit soll nicht gesagt sein, dass mein eingeschlagener Weg einfach werden wird. Es wird alles andere als das. Und die Ehrfurcht vor diesen riesigen Aufgabe, einen Hof zu übernehmen und ihn zu führen macht mir auch richtig viel Angst. Aber es fühlt sich so unglaublich richtig an, mich auf diesen Weg zu begeben. Ich freue mich auf den noch langen Weg, all meine Ideen und Wünsche an die Landwirtschaft in Taten umzusetzen…
So darf der Hof Langwies in Ringlikon bald in die 15. Generation wechseln und weiterleben.