Wiese ist nicht gleich Wiese
Wusstest du, dass eine Wiese aus einer Zusammenstellung unzähliger Gräser, Kräuter und Leguminosen bestehen? Wusstest du, dass jedes Gewächs seine ganz eigene Eigenschaft mitbringt? Teils sogar Heilkräuter sind?
Ja, und damit sind wir schon mitten drin in der Materie. Lass uns aber noch kurz definieren - es gibt unterschiedliche Wiesentypen. Sie unterscheiden sich in der Nutzungsdauer, deren Nutzungsart und der Intensivität.
Die ökologisch vielleicht eintönigste Art ist die Kunstwiese.
Eine Kunstwiese ist jedoch nicht mit dem Kunstrasen vom Fussballplatz zu vergleichen! ;-)
Die Kunstwiese wird häufig als Zwischennutzung im Ackerbau gemacht. Ackerbau ist ja eine relative intensive Angelegenheit für den Boden. Am intensivsten wohl im Gemüsebau, also für die menschliche Ernährung. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Nach Ackerbau-Kulturen, freut sich der Boden, wenn er ein paar Jahre ruhen kann. Das tut er am besten, wenn er mit Gras bewachsen ist. Spricht eine Kunstwiese angesät wird. Das Gras steckt den Boden quasi in ein Mänteli, den ihn vor Wasserverdunstung schützt. Aber auch schützt es vor Erosion (Abtragung von Boden durch Wasser oder Wind) und vor Auswaschung. Dem nicht genug, hat Gras auch die Fähigkeit CO2 aus der Luft in den Boden zu speichern. In der Regel dauert eine Kunstwiesen in einer Fruchtfolge 3 Jahre. 3 Jahre Ruhe für den Boden. Und wenn der Boden ruhen kann, kommt ein anderer ehrgeizigen Player ins Spiel: Der Regenwurm. Er ist das Non-Plus-Ultra für unsere fruchtbare Erde. Er gräbt unterirdische Gänge und durchlüftet den Boden damit wunderbar. Dies sorgt auch dafür, dass Wasser besser in der Erde versickern kann und Wurzeln ungehindert ans Wasser wachsen können. Aber das Beste an ihm, ist seine “Scheisse”. Da er sich aus abgestorbenen Pflanzenreste ernährt, ist sein Kot ein Wunder-Düngermittel für den Boden. Seine Exkremente bilden den Humus. Und Humus nennt man die obere, dunklere Schicht von der Erde. Je humusreicher Böden sind, desto besser. Also vive le Regenwurm!
Zurück zur 3 jährigen Kunstwiese: Diese wird vom Bauer nur besucht, um das hochgewachsene Gras zu mähen. Dieses Gras ist sehr nährstoffreich und proteinhaltig für die Kühe. Also quasi deren Superfood auf ihrem Gras-Futtertisch.
Neben der Kunstwiese gibt es Naturwiesen und Ökowiesen. Es gibt auch da noch Unterscheidungen, aber die lassen wir vorerst weg.
Da wir auf dem Hof Langwies zurzeit kein Ackerbau betreiben, ist unsere Kunstwiesen Fläche sehr überschaubar. Vielmehr haben wir Naturwiesen und Ökowiesen. Diese werden nicht unter den Pflug genommen. Deren Nutzungsdauer ist rund 5 Jahre und in unserem Falle viel viel länger. Hast du bei uns jemals einen Pflug auf der Wiese gesehen? Ich kann mich auch nicht erinnern. Und bald bin ich 30… Nun ja, eine solche Wiese hat im Gegensatz einiges mehr an Artenvielfalt zu bieten wie eine Kunstwiese. Einiges zu Vorteilen vom Bauern, aber auch einiges zu Nachteilen des Bauern.
Eine Naturwiese braucht einiges an Pflege, damit sie auch nach 30 Jahren “funktioniert”. Unter funktioneren meine ich - in erster Linie, soll sie genügend Futter für unsere Herde hergeben. Da gibt es ein paar Gräser, die die Kuh-Bäuche richtig satt machen. Dann gibt es Gräser und Kräuter, die wunderbar schmecken und die Kühe dazu ermuntern, noch etwas mehr zu essen. Und dann gibt’s die Leguminosen, die sind ähnlich cool wie die Regenwürmer. Leguminosen können Stickstoff aus der Luft binden und an ihren Wurzeln speichern. Stickstoff ist ja Dünger. Und diesen gespeicherten Dünger in ihren Füssen, können sie an ihre Nachbarpflanzen weitergeben. Also diese mitdüngen. Mega sozial, diese Leguminosen. Und dann gibt es noch die nicht so tollen Pflanzen: Disteln, Blacken… vielleicht kennst du die ja aus deinem Garten?
Hier mal ein paar Pflanzen aufgelistet, die unsere Wiesen so grün aussehen lassen:
Gräser
Knaulgras (macht die Mägen voll)
Englisches Raigras (Superfood für Kühe)
Rotschwingel
Rohrschwingel
Wiesenschwingel
Wiesenrispengras (Trockenheitstolerant, super für unsere regenkargen Sommer)
Fromental
Goldhafer
Zittergras
gemeines Rispengras (damit bleiben Kühe hungrig, schlechte Futterpflanze)
Ausläuferstraussgras (stinkt, die Kühe fressen es lieber nicht)
Leguminosen
Weissklee (Protein-Shake für Pumper-Kühe oder die, dies’ werden wollen)
Esparsette
Sommerwicke
Kräuter (und ihre Wirkungen)
Spitzwegerich (Entzündungshemmer)
Breitwegerich (anti-bakteriell, wundheilend, zusammenziehend)
Löwenzahn (verdauungsanregend, stoffwechselanregend)
Hirtentäschelkraut (hilft bei starker Regelblutung)
Brennessel (durchblutungsfördernd, harntreibend, stoffwechselanregend)
Schafgarbe (krampflösend, wundheilend)
Schaumkraut (antibiotische Wirkung, harntreibend, stoffwechselanregend, rheumatischen Beschwerden)
scharfer Hahnenfuss (leicht giftig! Hautreizungen beim Menschen. Lieber Finger weg)
Die Wiese ist quasi unsere begehbare Apotheke für unsere Tiere. Allgemein besitzen Tiere die Fähigkeit, von dem selektioniert zu fressen, was ihnen gut tut.
Nicht zu Letzt sind Wiesen mit dieser ausgesprochen hoher Artenvielfalt auch ein schöner Tummelplatz für alle Kleinlebewesen, die über die Erde kriechen, hüpfen oder fliegen.
Dieser Text ist leider nicht all umfassend auch nicht die Liste unserer Grünpflanzen in den Wiesen. Aber es gibt einen kleinen Einblick wie wunderbar unser Grasland in der Schweiz und in Ringlikon ist. Nicht nur fürs Auge beim Wandern, auch für alle kleinen aber wichtigen Lebewesen in Bodennähe. Und jetzt weisst du auch, das Gras nicht gleich Gras ist. Und schon gar nicht für unsere Kühe. Haltet der Wiesen Sorge. Auch ausserhalb von deinem gepflegten Garten. Es ist anspruchsvoll, eine Wiese nachhaltig gut zu bewirtschaften. Denn am liebsten soll sie doch nochmals mindestens 30 Jahre schaffen? Den Regenwürmer zuliebe… oder etwa nicht?